
Rote Bienen, grünes Gras
Cocktailkirschen: Ein Krimi in Brooklyn und ein Rezept für die Kronjuwelen des Manhattan.
Diese Geschichte, die von Cocktailkirschen handelt und die abenteuerlichste Geschichte ist, die man über Cocktailkirschen bei einem lässigen Manhattan mit ebendiesen Cocktailkirschen drin erzählen kann, beginnt am 24. Februar 2015 in Red Hook, Brooklyn, New York City. Dort befindet sich seit 1948 die Firma Dell`s Maraschino Cherries, gegründet von Arthur Mondella und seinem Sohn Ralph, ab 1983 weitergeführt von Enkel Arthur.
Auch wenn der kein Mitglied der Ehrenwerten Gesellschaft war, sein Leben gestaltete er wie ein hochrangiger Mobster: sündteure Autos, dicke Bargeldbündel und eine Pistole im Sakko, bombastische Trinkgelder in den besten Restaurants, Yachturlaube, Geliebte aus dem Porno-Business und unglaublich philanthropische Großzügigkeit gegenüber loyalen Mitarbeitern, für die er mit dem Scheckbuch Mietschulden beglich.
Die Kellerleichen des Maraschino-Moguls
Alles legal, aber Arthur, aus dessen Fabrik ein Drittel aller in den USA gehandelten Cocktailkirschen stammte und der überall „Maraschino-Mogul“ genannt wurde, hatte ein dunkles Geheimnis: Unter den Produktionshallen, versteckt hinter Geheimtüren, baute er Marihuana im ganz großen Stil an. Manchmal wurde gemunkelt, dass es in der Fabrik eigenartig nicht nach Kirschen, sondern eigenartig sehr nach Hanf rieche, aber der Chef war beliebt, und so schwieg man eben.
Arthur Mondella ließ nicht benötigten Kirschsirup einfach
auf die Straße leeren. Rote Rinnsale flossen durch Brooklyns Straßen.
Und dann stand plötzlich der Staatsanwalt vor der Geheimtür …
Und dann wurde Mondella ein kleiner Umweltskandal zum Verhängnis. Er ließ nämlich Abwässer und übrig gebliebenen Kirschsirup einfach auf die Straße leeren. Rote Rinnsale sickerten durch die Gosse, und die Bienen der Umgebung verfärbten sich rot, weil sie sich am süßen Kirschensirup lebten; auch ihr Honig schmeckte deutlich nach Kirsche.
Irgendwer zeigte Dell`s Maraschino Cherries wegen der Abwässer an, und so fuhr am 24. Februar 2015 die Staatsanwaltschaft mit zwei Dutzend Beamten vor, um die Fabrik zu durchsuchen. Sie sahen überall nach, ließen eine Geheimtür öffnen, klappten eine Falltür hoch, stiegen hinunter – und standen staunend mitten in einer gigantischen Marihuana-Plantage. Arthur Mondella bat die Beamten, kurz auf die Toilette gehen zu dürfen. Dort sperrte er sich ein, kam nicht mehr heraus und rief nach seiner Schwester Joanne. „Pass auf meine Kinder auf!“, bat er durch die Tür. Dann erschoss er sich.
Cocktailkirschen aus Nachbars Garten
Ebendiese Kinder, zwei Töchter, führen heute die Firma; und auch ihr Vater könnte noch mit von der Partie sein. Hätte er einen Anwalt herbeigeholt, wäre er schlimmstenfalls mit einer kurzen Haftstrafe wegen Drogenhandels und einer Pönale wegen Umweltdelikten davongekommen. Aber er wähnte seine Ehre verloren. Die Strafen sind längst getilgt, die Geschichte jedoch wartet immer noch sehnsüchtig auf ihre Verfilmung.
Aber jetzt zu den selbst gemachten Maraschino-Kirschenkirschen, die nichts mit den klebrigen, aus lauter künstlichen Zutaten bestehenden Murmeln industrieller Fertigung zu tun haben. Meine süßen Früchte stammen tatsächlich aus Nachbars Garten, zwar nicht gestohlen, aber frisch von den obersten und sonnigsten Ästen gepflückt, denn der liebe Nachbar lässt sich bei der Ernte in einer Baggerschaufel stehend dorthin heben.
REZEPT

Maraschinokirschen
ZUTATEN FÜR EIN HALBES KILO COCKTAILKIRSCHEN
- 150 ml Wasser
- 150 g Feinkristallzucker
- 500 g Kirschen (mit Stiel!)
- 10 g Piment
- 2 Nelken
- 1 Zimtstange
- 1 Sternanis
- Saft von 1 Zitrone
- 1 daumenlanges Stück Zitronenschale
- 1 EL Zitronensäure
- 1 TL Mandelsirup
- ½ TL natürliche rote Lebensmittelfarbe
- 200 ml Maraschino-Likör
- 150 ml Brandy
ZUBEREITUNG
- Ich setze den Sirup aus Wasser und Zucker an, lasse ihn gründlich aufkochen und dann auskühlen. Dann kommen die Kirschen und alle Gewürze dazu – und als einziges Zugeständnis an die Industrie etwas natürliche rote Lebensmittelfarbe.
- Diesen Ansatz koche ich langsam auf, drehe den Herd ab und gieße Maraschino und Brandy dazu.
- Zuletzt seihe ich den Sud durch ein feines Sieb und leere ihn noch warm in kleinere Einmachgläser, in die ich zuvor die Kirschen gefüllt habe. Lässt man die verschlossenen Gläser noch 20 Minuten im Wasserbad köcheln, erhöht sich die Haltbarkeit.
Kleiner Tipp: Allenfalls übrig gebliebenen Sirup bitte bloß nicht auf die Straße leeren!