Zitronenschalen, Kapern und Sardellen: Der „Wiener Garnitur“ gehört mein Herz.

Capry & Schöller

Zitronenschalen, Kapern und Sardellen:
Der „Wiener Garnitur“ gehört mein Herz, und zwar genau dieses.


Gremolata, diese Dreifaltigkeit aus Zitronenschale, Petersilie und Knoblauch, die über Ossobuco gestreut wird, ist schon eine wahre Wunderwürze. Aber immer wenn ich sie zurechthackte, fällt mir ein, dass die österreichische, besonders die Wiener Küche, mindestens Ebenbürtiges entgegenzusetzen hat. Die Trilogie der Duftstoffe hat sogar einen Namen: Wiener Garnitur. Und ich gehe so weit zu behaupten, dass ohne sie die kulinarische Tradition des böhmisch-slawisch-adriatischen Raums, der unsere Küche ja ausmacht, um einiges ärmer wäre.

Die Wiener Garnitur also: Sie besteht aus Sardellen (Anchovis), Kapern und Zitrone, interessanterweise durchaus südlichen Produkten, die allerdings eine Jahrhunderte alte Tradition in der Monarchie haben. „Capparis“ oder „capry“ finden sich schon in mitteleuropäischen Kochbüchern des 16. Jahrhunderts. Katharina Pratos berühmte „süddeutsche Küche“ wäre ohne Kapern und ihre Gesellen Sardelle und Zitronenschale nicht denkbar; letztere hießen damals „lemony schöller“ und waren, wenn man sich die kulinarische Literatur des 19. Jahrhunderts näher ansieht, oft wichtiger als Salz – kein Wunder: Das Salz waren wohl die Sardellen.

Eine der bekanntesten Anwendungen der Wiener Garnitur besteht darin, auf ein Wiener Schnitzel drapiert zu werden. Das muss man mögen. Das war zwar in Wien einmal so (ein Wiener Hotelrestaurant, das sich den Namen des berühmten „Meissl & Schadn“ aus der Monarchie umgehängt hat, macht`s um der Traditionsbelebung Willen wieder), kursiert heute aber vor allem in deutschen Medien als Kuriosum der Wiener Küche.

Für die Wiener Garnitur gibt es weit stimmigere Verwendungen, die auch prägender sind, weil sie nicht draufgeklatscht, sondern als Würze verwendet werden: die Rindsroulade, das Kalbsbeuschel, diverse Rostbratenvarianten – und das von mir heiß geliebte Kalbsherz. Erstaunlicherweise hat von den eben genannten Klassikern eigentlich nur das aufwändigste und komplexeste Gericht eine bemerkenswerte Renaissance geschafft: Das Beuschel aus Herz und Lunge gilt heute wieder als Ausweis einer soliden, geschichtsbewussten, auf strammen Beinen stehenden Küche, die sich nicht in modischem Schnickschnack erschöpft.

Warum aber das reine Herz so selten geworden ist, mag ich nicht verstehen. Und noch weniger akzeptieren.             

REZEPT


ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN


ZUBEREITUNG

Beilagenempfehlung: Dazu passen am besten Serviettenknödel, Bandnudeln oder Spätzle.